True Peaks in Audio Mastering Part 2

#007 Peaks für Mastering Nerds 2

Lerne, was du über True Peaks im Audio Mastering wissen musst, um einen optimale Pegel in jeder Lebenslage zu erreichen – Teil 2

Jetzt kann ich mit der eigentlichen Blog-Geschichte für diejenigen beginnen, die manchmal damit zu kämpfen haben, die richtige Balance zwischen unserer Verantwortung, es richtig zu machen, und den Wünschen der Kunden nach mehr Lautheit zu finden. In der Tat ist das gar nicht so einfach.

Trotz der allgemeinen Vorteile der True-Peak-Messung hat sie auch eine Reihe von Schwächen. Viele Tontechniker sind verwirrt, wenn sie die Messwerte in Verbindung mit dem gemessenen Eingangssignal und den gewünschten Lautheitszielen und klanglichen Ergebnissen interpretieren sollen, um Entscheidungen zu treffen “welche TP-Werte sind gut für was?”. Und das liegt auch an der Schwäche der Messmethode und der Komplexität des Entscheidungsprozesses.

Fun Fact 1: Verschiedene TP-Metering-Plug-ins oder Geräte können unterschiedliche Ergebnisse liefern! Der Grund dafür ist eine verwaschene Beschreibung des Messstandards und eine erlaubte Toleranz in der EBU R128 Empfehlung. Einige Messgeräte liegen sogar außerhalb der erlaubten Toleranzgrenzen und dürfen technisch nicht mit dem R128-Label versehen werden. Bei der Entwicklung des DRMeter MkII haben wir darauf geachtet, dass es im Vergleich zu anderen großen Anbietern auf dem Messgeräte-Markt die geringste Abweichung vom Ideal aufweist. Die EBU-Website bietet Testdateien zum Download an, die Messwerte innerhalb einer bestimmten Toleranz liefern müssen. Du kannst das googeln, wenn du nach “PLOUD EBU test files download” suchst, oder hier klicken: (https://tech.ebu.ch/groups/ploud).

Fun Fact 2: Sogar ein und dasselbe Messgerät kann leicht abweichende Ergebnisse für dieselbe Quelldatei liefern, wenn mehrfach gemessen wird. Das ist schlecht, aber es ist systemimmanent. Eine Lösung wäre eine verfeinerte Definition der Norm und würde höchstwahrscheinlich mehr Rechenleistung erfordern. Letzteres ist der Grund für die Schwachstelle. Es musste ein Kompromiss zwischen Präzision und CPU-Bedarf gefunden werden. Ich sage oft “Metering is a bitch”, was sich hier ein weiteres Mal bewahrheitet.

True Peaks im Audio Mastering Teil 2

Ein kurzer Leitfaden für deinen Entscheidungsprozess, wenn du bestimmen musst, wie du unterschiedliche Deliverables in Bezug auf TP-Headroom pegelst:

  1. Ich empfehle unseren Studenten, das “Mother Master” im Bereich von -0,3 dB TP zu halten. Mit etwas Übung und einer guten persönlichen Beziehung zu deinem bevorzugten TP-Limiter kannst du den Weg zur perfekten TP-Struktur für deine Mother Master meistern. Als Faustregel empfehle ich, den Pegel so zu kontrollieren, dass identische aufeinanderfolgende Samples (sogenannte consecutive max. level samples) im Bereich deines Maximalpegels (z.B. -0,3 dB TP) vermieden werden. Aber manchmal treiben uns unsere Kunden zu einer lauteren Version desselben Mother Masters, und dann muss man das Spiel ein bisschen härter spielen.
    1. Wenn du mehr Lautheit herausholen möchtest, musst du dir darüber im Klaren sein, dass Übersteuerungen bei niedrigen Frequenzen problematischer (in Bezug auf hörbare Distortion) sind, als Übersteuerungen bei hohen Frequenzen. Kontrolliere den Tieftonbereich mit dynamischen Tools so, dass er keine TP-Übersteuerungen auslöst, während Übersteuerungen oberhalb von etwa 1k in der Regel akustisch weniger oder gar nicht wahrnehmbar sind. 
    Vor ein paar Jahren habe ich dazu ein Research durchgeführt. Mit Hilfe von ein wenig KI habe ich 400 kleine Audio-Schnipsel mit den höchsten Peaks von 400 Referenztiteln gesammelt. Aus den Audio-Schnipseln habe ich eine Reihe von Statistiken erstellt, z. B. den TP-Pegel, die Anzahl der aufeinanderfolgenden Spitzenpegel-Samples und das Verhältnis zwischen aufeinanderfolgenden Samples und “guten” Samples. Dann habe ich 20 erfahrene Profis gebeten, die Klangqualität dieser Dateien subjektiv zu bewerten, ohne sich die Wellenform anzusehen. Ein Vergleich der subjektiven Beurteilung durch Hören mit der faktischen Statistik hat (neben anderen Schlussfolgerungen) zu dem Ergebnis geführt, dass TP-Overs, die z.B. durch eine akustische Gitarre (gespielt von Eric Clapton) im höheren Frequenzbereich ausgelöst wurden, völlig irrelevant waren. Eine schöne Version seines berühmten Songs Layla zeigte TP-Werte von +3,XX dB, aber das Master verhielt sich völlig transparent. Fazit: Wenn du für das fragwürdige Ziel von mehr Lautheit etwas härter rangehen musst, versuche, TP-Overs im unteren Frequenzbereich zu vermeiden, während TP-Overs über 1k sich in der Regel transparent zu verhalten scheinen; zumindest so, dass sie keine spürbaren oder problematischen Verzerrungen auslösen. (Nebenbemerkung: Nagel mich bitte nicht auf den 1k-Übergang zwischen Gut und Böse fest. Das ist eine freihändige grobe Einschätzung aus meinem Research und die Bestimmung einer genauen Grenzfrequenz ist wahrscheinlich sehr schwierig, da situationsabhängig.)
  2. Der Kunde ist König. Ein Sound-Enthusiast zu sein ist eine Sache. Dem Kunden zu dienen ist eine andere. Wenn ein Kunde möchte, dass du sehr oder extrem laute Master machst, solltest du die Kunst beherrschen lernen, laut zu werden und dabei so wenig Schaden wie möglich anzurichten (das lernst du auch in unseren Pro Mastering Masterclasses). Vielleicht musst du aber auch einfach ignorieren, was du auf deinem TP-Meter siehst, um deinen Kunden glücklich zu machen. Ein glücklicher Kunde ist jedenfalls das Wichtigste.
  3. Wenn es darum geht, deine Kunden für Online-Vertriebsplattformen wie Spotify und iTunes zu beliefern, wird häufig empfohlen, den Headroom auf -1dB TP einzustellen. Dies ist im Grunde der Versuch, auf einfache Weise, den Aussteuerungswahnsinn auf diesen Plattformen zu zügeln, da es ist nicht die Aufgabe dieser Plattformen ist, Mastering-Engineeren beizubringen, wie man es richtig macht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen gibt es keinen Grund, die Lautheit bei diesen Plattformen auf die Spitze zu treiben, weshalb wir unser Mother-Master-Prinzip lehren. Ergo, wenn du gelernt hast, perfekt auszupegeln (wie in Punkt 1. kurz beschrieben), ist es völlig in Ordnung, dein Mother-Master mit -0,3 dB TP dafür zu verwenden. Das wird nicht überprüft. Die Streamingpattformen kommunizieren lediglich diese einfache Empfehlung von -1 dB TP Headroom, weil sie leicht zu kommunizieren ist.  Es sollte nicht nötig sein, zu erwähnen, dass diese Plattformen eine Lautheitsnormalisierung auf der Grundlage der Metadaten vornehmen. Sie verändern nicht die Audiodaten selbst, sondern sorgen dafür, dass sie auf der Grundlage der in der Audiodatei gespeicherten Metadaten mit einem angepassten Lautheit im Player wiedergegeben werden. Master mit hoher Lautheit sind also nur für Inhalte sinnvoll, die heruntergeladen und von DJs abgespielt werden sollen. In solchen Fällen ist es von entscheidender Bedeutung, den Loudness Game für diese Art von Clubmusik zu spielen, die an DJs vermarktet wird, denn sobald die Audiodatei das Ökosystem (z. B. Spotify, iTunes) verlässt, hat sie wieder den Lautheitspegel des gelieferten Masters, abgesehen von einer möglichen geringfügigen Erhöhung, die durch das verwendete Audiodatenkompressionsformat (wie mp3 oder AAC) verursacht werden kann. Ein Mother-Master mit z.B. -12LUFS wäre zu leise im Vergleich zum Durchschnitt von etwa -5 bis -7LUFS der meisten elektronischen Clubmusik-Releases, die von DJs gespielt werden sollen, während Pop & HipHop sehr gut zwischen -10 und -12 LUFS funktioniert. Musikrichtungen, die nicht auf das kompakte Feeling moderner Pop Musik angewiesen sind, können auch sehr gut zwischen -12 und -16 LUFS funktionieren und sollten auch entsprechend gemastert werden, wenn mehr Lautheit Schaden anrichtet. Gutes Mastering bedarf viel Erfahrung und eine virtuose Kenntnis der Gepflogenheiten und Bedarfe unterschiedlicher Genres und Ausspielformate. Wer hier Unsicherheiten hat, sollte sich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzen.

Fröhliches Pegeln!

Friedemann Tischmeyer

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